Georg-Groddeck-Archiv

(1866 - 1934)

Porträt Groddeck
Georg Groddeck (1930)

Georg Groddeck wurde am 13. Oktober 1866 in Bad Kösen/Saale geboren und entstammte einer Danziger Patrizierfamilie. Nach seinem Medizinstudium in Berlin wurde er Mitarbeiter des Leibarztes Bismarcks.

In Baden-Baden eröffnete er 1900 das Sanatorium "Marienhöhe", das er bis zu seinem Tode leitete. Groddeck hielt Baden-Baden für den schönsten Ort der Welt, er identifizierte sich mit seinen von der Natur begünstigten Besonderheiten und verteidigte die kurörtlichen Ideale: saubere Luft, reines Wasser, Ruhe.

Neben vielfältigen medizinischen Arbeiten und zeitkritischen Artikeln pflegte er frühzeitig seine literarischen Neigungen, schrieb u. a. den Entwicklungsroman "Ein Kind der Erde" (1905) und die Erzählung "Der Pfarrer von Langswiesche" (1909).

Ein totales psychoanalytisches Menschenbild konstruieren

In seiner naturphilosophischen Weltanschauung und Kritik des bürgerlichen Krämergeistes war er von Goethe und Nietzsche beeinflusst, wie sein psychoanalytisch-literarisches Buch "Der Mensch als Symbol" (1933) zeigt. Mehrere Auflagen erlebten seine Vortragszyklen "Hin zu Gottnatur" (1909) und "Nasamecu. Der gesunde und kranke Mensch gemeinverständlich dargestellt" (1913).

Freuds Psychoanalyse lernte Groddeck 1913 kennen und wurde zum Gründervater der psychoanalytisch orientierten, psychosomatischen Medizin. Groddeck war ein therapeutisches Genie, originell seine Form der Selbstanalyse in frei gehaltenen, assoziativen Vorträgen vor seinen Patienten zu psychoanalytischen und psychosomatischen Themen (erstveröffentlicht im Rahmen der "Werkausgabe" 1987-1989).

Er prägte den Begriff des "Es", den Freud von ihm übernahm. Groddeck betonte immer wieder, dass das, was wir unser Ich heißen, sich im Leben wesentlich passiv verhält, dass wir gelebt werden von unbekannten, unbeherrschbaren Mächten. Verbindungen hatte er zu unkonventionellen Psychoanalytikern wie Erich Fromm und Sandor Ferenczi, mit dem er eng befreundet war, zu Hermann Graf Keyserlings Schule der Weisheit und zur Lessinghochschule Berlin.

Am bekanntesten wurde sein grotesker psychoanalytischer Roman "Der Seelensucher" (1921), der von Sigmund Freud gefördert in Wien erscheint. Alfred Polgar schreibt darüber im Prager Tageblatt: "So was Freches, Ungeniertes, raffiniert Gescheit-Verrücktes ist von Erzählern unserer Sprache noch nicht gewagt worden."

Die Veröffentlichung von "Das Buch vom Es. Psychoanalytische Briefe an eine Freundin" (1923) war eine kleine Sensation. Psychoanalyse als "Gesellschaftsspiel", das nahm mit diesem seinerzeit viel gelesenen und diskutierten Buch vielleicht seinen Anfang, zweifellos aber einen beträchtlichen Aufschwung. Jedoch wird ein solcher dubioser Ruhmestitel dem Buch nicht ganz gerecht. Es ist in mancher Hinsicht als eine geistig kühne Schöpfung anzusprechen: Groddeck war wohl der erste, der ernsthaft versuchte, eine Art totales psychoanalytisches Menschenbild zu konstruieren.

Die Wirkungsgeschichte Groddecks wurde durch den Nationalsozialismus jäh unterbrochen, seine Bücher wurden verbrannt. Er hatte zunächst großen Einfluss auf englischsprachige Dichter wie W.H. Auden, Henry Miller und Lawrence Durell und ungarische wie Milán Füst und Zsófia Dénes. In den 60er Jahren wurde Groddeck von Roger Lewinter und Ingeborg Bachmann auch im französischen und deutschen Sprachgebiet wiederentdeckt.

Georg Groddeck starb am 11. Juni 1934 in Knonau bei Zürich und wurde am 15. Juni 1934 auf dem Stadtfriedhof Baden-Baden beigesetzt.

Auswahl von Werken Georg Groddecks

  • Der Pfarrer von Langewiesche
  • Die Natur heilt
  • Der Seelensucher
  • Das Buch vom Es
  • Psychoanalytische Schriften zur Literatur und Kunst
  • Psychoanalytische Schriften zur Psychosomatik
  • Der Mensch als Symbol
  • Der Mensch und sein Es
  • Verdrängen und Heilen
  • Krankheit als Symbol
  • Georg Groddeck - Sigmund Freud Briefe über das Es